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Dies ist ein rie­si­ges Ar­chiv von fast al­lem, was Mar­tin Su­ter ge­macht hat, ge­ra­de macht und noch ma­chen will. Sie ha­ben zu bei­na­he al­lem da­von un­be­schränk­ten Zu­gang. Und wenn Sie Mem­ber wer­den, zu noch et­was mehr.

Topfner und Wedlinger

An­de­re Leu­te ha­ben Vor­bil­der, von de­nen sie ge­lei­tet, Ido­le, von de­nen sie in­spi­riert, Leit­fi­gu­ren, von de­nen sie mo­ti­viert wer­den. Topf­ner hat Wed­lin­ger, die­sen Mistkerl.

Je­den Mor­gen, wenn ihn sei­ne in­ne­re Uhr kurz vor dem We­cker aus dem Schlaf holt, ist Topf­ner ver­sucht, sich noch ein­mal um­zu­dre­hen. Aber dann treibt ihn je­des Mal der Ge­dan­ke aus den Fe­dern, Wed­lin­ger könn­te schon auf den Bei­nen sein. Nicht, dass Wed­lin­ger in ir­gend­ei­nem di­rek­ten Kon­kur­renz­ver­hält­nis zu ihm steht. Aber die Vor­stel­lung, wehr­los zwi­schen Wa­chen und Träu­men zu däm­mern, wäh­rend Wed­lin­ger even­tu­ell schon al­le sie­ben Sin­ne bei­sam­men hat, lässt ihn nicht weiterschlafen.

So­bald Topf­ner aus den Fe­dern ist, än­dern sich die Vor­zei­chen. Er ra­siert sich im Be­wusst­sein, dass auf Wed­lin­gers Fres­se noch die grau­en Stop­peln wu­chern. Er duscht in der Über­zeu­gung, dass Wed­lin­ger noch im Schweiss sei­nes un­ru­hi­gen Schla­fes liegt. Er kämmt sich im Hoch­ge­fühl, dass es bei Wed­lin­ger nicht mehr viel zu käm­men gibt.

Wenn Topf­ner den Wa­gen früh­mor­gens an den stil­len Ein­fa­mi­li­en­häu­sern sei­nes Quar­tiers vor­bei­steu­ert, hat er ei­nen Vor­sprung auf Wed­lin­ger, die­sen Voll­idio­ten, den er den gan­zen Tag nicht mehr ab­zu­ge­ben gedenkt.

Wenn der ihn jetzt ge­se­hen hät­te, wie er sei­nen BMW in die lee­re Tief­ga­ra­ge fährt und ex­akt auf dem ”DI” von ”DIREKTION” par­kiert, fünf Me­ter ne­ben dem Lift­ein­gang, der wür­de sich glatt in die Stel­le beis­sen, an der an­de­re, schö­ner ge­wach­se­ne Leu­te ei­nen Arsch ha­ben, denkt Topf­ner und lä­chelt bö­se. Nein, Wed­lin­ger, du Pfei­fe, nicht im Zwei­ten, nicht im Drit­ten, nicht im Vier­ten, nicht im Fünf­ten, nicht im Sechs­ten, nicht im Sieb­ten, nicht im Ach­ten, nicht im Neun­ten, im Zehn­ten steigt der Topf­ner aus, mur­melt er, wie je­den Mor­gen im Lift.

Die Stun­de bis zum Ein­tref­fen sei­nes Vor­zim­mers (mei­nes Vor­zim­mers, Wed­lin­ger!) macht Topf­ner sich heiss. Er holt sein per­sön­li­ches Pres­se­dos­sier aus der pri­va­ten Schub­la­de und legt es vor sich auf die blass­grü­ne Glas­tisch­plat­te. Die ers­ten Clip­pings über­blät­tert er – klei­ne Fir­men­nach­rich­ten, Be­för­de­run­gen, Han­dels­re­gis­ter­aus­zü­ge, Fir­men­zei­tungs­bei­trä­ge. Erst bei ei­nem Bei­trag aus dem Jahr 1987 hält er in­ne. Die Peo­p­le-Sei­te ei­ner Wirt­schafts­zei­tung über ein Pro­mi­nen­ten-Golf­tur­nier. Auf ei­nem der acht­zehn Schnapp­schüs­se lä­chelt Topf­ner in die Ka­me­ra. Zwar nur mit dem Spon­so­ring-Ver­ant­wort­li­chen der ver­an­stal­ten­den Gross­bank, aber mit der Le­gen­de ”…mit Ro­bert Topf­ner, dem kom­men­den Mann bei P+H.”

Topf­ner liest die Le­gen­de mehr­mals mit Wed­lin­gers Au­gen und kos­tet aus, wie sie ihn fer­tig macht. Dann blät­tert er wei­ter. Er kon­fron­tiert Wed­lin­ger im Geis­te mit sei­nen vier mit gel­ben Leucht­stif­ten her­vor­ge­ho­be­nen Zi­ta­ten in ei­nem Ar­ti­kel über Di­ver­si­fi­ka­ti­on, quält ihn mit dem Grup­pen­por­trät des neu­en Ma­nage­ments von P+H und spannt ihn auf die Fol­ter sei­nes halb­sei­ti­gen In­ter­views im Handelsblatt.

So auf­ge­peitscht macht sich Topf­ner ans Tageswerk.

Lie­ber Gott, halt ihm Wed­lin­ger gesund.

14.9.00

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