Allmen in Siem Reap

Jo­hann Fried­rich von All­men war noch zu Leb­zei­ten sei­nes Va­ters zum ers­ten Mal in Siem Reap ge­we­sen. Da­mals war er als Bum­mel­stu­dent in der gan­zen Welt her­um­ge­reist. Sein Va­ter, der Bau­er, der durch Land­spe­ku­la­tio­nen zu ei­nem Ver­mö­gen ge­kom­men war und kei­ne Ah­nung hat­te, was Ho­tel­zim­mer kos­te­ten, wie viel man für Schu­he und Klei­der rech­nen muss­te, und wie groß der Preis­un­ter­schied zwi­schen ei­nem Eco­no­my- und ei­nem First-Class-Ti­cket war, kam be­reit­wil­lig für die as­tro­no­mi­schen Le­bens­kos­ten sei­nes ein­zi­gen Soh­nes auf. Schließ­lich ging es um des­sen Bil­dung. Et­was, von dem er selbst kaum et­was be­saß und das er als et­was Hei­li­ges betrachtete.

Bei sei­nem ers­ten Be­such tat All­men tat­säch­lich et­was für sei­ne Bil­dung. Er be­such­te die Tem­pel­an­la­gen von Ang­kor Wat und die um­lie­gen­den Tem­pel­rui­nen. Da­mals wa­ren die­se Stät­ten noch nicht so über­lau­fen. Kam­bo­dscha hat­te noch kaum be­gon­nen, sich vom Ter­ror­re­gime der ro­ten Khmer zu er­ho­len, und der Tou­ris­mus steck­te noch in sei­nen Anfängen. 

Das 1932 er­bau­te Grand Ho­tel d’Ang­kor war vor kur­zem re­no­viert und von Raf­f­les über­nom­men wor­den, und All­men mie­te­te sich dort in ei­ner der zwei Vil­len beim Pool ein. 

Den Fern­se­her lässt All­men je­weils entfernen

Sie be­saß ei­nen gro­ßen Salon, 

All­men pflegt die Kli­ma­an­la­ge aus­zu­schal­ten; der Ven­ti­la­tor dreht sich auf der nied­rigs­ten Stufe.

zwei gro­ße Schlafzimmer, 

zwei Bä­der,

Der Blick auf den Pool ge­nügt All­men. Ins Was­ser geht er nicht. Aus Grün­den des per­sön­li­chen Stylings.

und ei­ne ge­deck­te Ter­ras­se mit zwei Sitzgruppen 

Die klei­ne Früh­stücks­ter­ras­se vor ei­nem der Schlafräume.

so­wie ei­nen et­was klei­ne­ren Bal­kon, auf dem er das Früh­stück ein­zu­neh­men pflegte.

Das ge­boh­ner­te Par­kett stammt aus der Zeit, als Tro­pen­holz in den Tro­pen noch kei­ne Ra­ri­tät war.

Das Gan­ze war viel­leicht et­was groß für ei­ne ein­zi­ge Per­son. Des­halb sorg­te er da­für, nicht lan­ge ei­ne ein­zi­ge Per­son zu blei­ben. Chan­tal, ei­ne fran­zö­si­sche Ar­chäo­lo­gie­stu­den­tin, half ihm dabei.

Für wen ist das zwei­te Glas?

Chan­tal ver­lor er spä­ter aus den Au­gen, aber dem Raf­f­les Grand Ho­tel d’Ang­kor blieb er treu. Noch sechs Mal hat­te er dort ge­wohnt, im­mer in der Villa. 

Je­des Mal wa­ren noch mehr Tou­ris­ten in Ang­kor, je­des Mal be­sucht er die Stät­ten we­ni­ger. Zum Schluss ging er nur noch we­gen des Ho­tels nach Siem Reap.

Als er er­fuhr, dass es wie­der von Grund auf re­no­viert wür­de, be­such­te er es noch zwei wei­te­re Ma­le. Ein­mal kurz vor dem Um­bau, um sich zu ver­ab­schie­den, falls die Re­no­va­ti­on ihm den Stil und den Charme und die At­mo­sphä­re nahm, wie so man­chem schö­nen al­ten Hotel. 

Und ein­mal, um zu se­hen, ob es das glei­che Schick­sal er­lit­ten hat­te wie das Raf­f­les in Sin­ga­pur, in dem seit der letz­ten Re­no­va­ti­on ein Zim­mer bis auf das letz­te De­tail aus­sah wie das andere.

Die Bar hat sich seit All­mens ers­tem Be­such nicht ver­än­dert. Nur die Be­die­nung ist ein we­nig jün­ger geworden.

Doch sie­he da, falls sich sei­ne Vil­la oder die Bar des Grand Ho­tel d’Ang­kor ver­än­dert hat­ten, dann nur, in­dem sie noch au­then­ti­scher wirkten.

Um elf Uhr vor­mit­tags, wenn sich al­les in den Rui­nen drängt, ist die stil­le Bar ei­ne wah­re Oase.
All­mens liebs­tes Vormittagsplätzchen.
All­men sitzt auch ger­ne bei den Ele­fan­ten. Ein ro­sa­ro­ter ist nicht darunter.

Dass das Grand Ho­tel d’Ang­kor durch die Re­no­va­ti­on noch au­then­ti­scher ge­wor­den war, war auch die Mei­nung von Mi­an, der chi­ne­si­schen Ar­chäo­lo­gin, die ihm da­bei half, in der gro­ßen Vil­la nicht ei­ne ein­zi­ge Per­son zu sein.

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