Allmen in Singapur
Wenn Johann Friedrich von Allmen die Unruhe befällt, und das ist oft der Fall in den doch etwas engen Verhältnissen, in denen er, nicht ganz freiwillig, zu leben beschlossen hat, dann zieht es ihn in die Ferne.
Das war schon immer so gewesen, Sie erinnern sich: Es geschah auf eigenen Wunsch, dass ihn sein Vater nach seinem vierzehnten Geburtstag ins Charterhouse geschickt hatte, die exklusive Boarding School in Surrey. Allmen wollte schon damals dem, wie er es nannte, bäuerischen, neureichen Mief seiner Familie entfliehen.
Danach, als er auf Kosten seines Vaters das Leben eines internationalen Bummelstudenten führte, und später, als er nach dessen plötzlichem Tod neu definierte, was für ihn standesgemäss sei, bereiste er die Welt nicht mehr als Flüchtling, sondern als Entdecker.
Eine seiner grossen Entdeckungen war Carlos gewesen, der Orchideengärtner eines Plantagenbesitzers in Guatemala, den er aus Charterhousezeiten kannte und bei dem er ein paar Monate verbrachte. Carlos amtet seither als sein Diener, obwohl er längst gleichberechtigter Teilhaber der Allmen International Inquiries ist.
Aus jener Zeit stammt auch seine Liebe zum Raffles. Er hatte es als junger Mann zum ersten Mal besucht und darauf bestanden, dass man ihm die Suite von Somerset Maugham gab, von dem er schon damals alles gelesen hatte, und auch heute immer wieder liest.
Seit dieser Zeit verbringt er immer wieder ein paar Tage oder Wochen im Raffles, wenn er es sich leisten kann. „Leisten kann“ bedeutetnach Allmens Maßstäben, dass er entweder „ein paar Franken“ von einem Honorar für einen erfolgreich gelösten Fall übrig hat, oder seine Schulden anderswo erhöht als beim Raffles. Nicht selten bei Carlos.
Wenn Allmen im Raffles residiert, dann nie in einer der grossen Suiten. Nach wie vor zieht er diese etwas kleinere vor, auch wenn sie längst nicht mehr original eingerichtet ist.
Das Hotel verlässt er selten. Lieber verbringt er Stunden lesend bei einem Drink oder zwei auf dem Sitzplatz vor der Tür seiner Suite und lauscht den schweren tropischen Regen oder dem seltsamen Gesang der schwarzen Mynas auf dem Palm Court.
Bei keinem Besuch unterlässt es Allmen, durch die Fotogalerie des Hotels zu schlendern und einigen seiner Favoriten seinen Respekt zu erweisen.
Zum Beispiel James Michener, der als junger Auslandkorrespondent im Raffles wohnte und später über diese Zeit etwas gesagt hat, das Allmen aus dem Herzen spricht: „To have been young and have a room at the Raffles was life at it’s best.“
Oder Somerset Maugham, der über das Hotel sagte: „It stands for all the fables of the exotic east.“
Oder Karl Lagerfeld, von dem vieles, was er gesagt hat, von Allmen sein könnte. Vor allem: „Man muss das Geld zum Fenster rauswerfen, damit es zur Tür wieder reinkommt.“
Oder die bewundernswerte Königin Elisabeth. Oder der sagenhafte Schuh Designer, Jimmy Choo.
Und sich selbst, findet Allmen immer, sollte man auch nicht unterbewerten.