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Dies ist ein rie­si­ges Ar­chiv von fast al­lem, was Mar­tin Su­ter ge­macht hat, ge­ra­de macht und noch ma­chen will. Sie ha­ben zu bei­na­he al­lem da­von un­be­schränk­ten Zu­gang. Und wenn Sie Mem­ber wer­den, zu noch et­was mehr.

Die (Beep!)wende

Ei­nes der wirk­lich gros­sen Ta­bus in Ge­ris Sze­ne ist die (Beep!)wende. Nicht ein­mal dar­über, sie tot­zu­schwei­gen, wur­de je ein Wort ver­lo­ren. Es hat­te schon als aus­ge­spro­chen kin­disch ge­gol­ten, am Jah­res­wech­sel 1999 da­mals et­was Be­son­de­res zu finden.

Ro­bi Mei­li, Su­si Schläf­li, Carl Schnell, Fred­dy Gut und Al­fred Hu­ber trei­ben mit der glei­chen Un­ge­rührt­heit auf das Er­eig­nis zu wie der Eis­berg auf die Ti­ta­nic. Auch Ge­ri lässt sich selbst­ver­ständ­lich nichts an­mer­ken. Aber wer ihn kennt, weiss, wie­viel ihn das kos­tet. Er ist an­fäl­lig auf je­de Art von Er­eig­nis. Er ge­hört zu den Men­schen, die sich mo­na­te­lang auf ih­ren Ge­burts­tag freu­en, ob­wohl sei­ne El­tern und ei­ne ent­fern­te Tan­te die ein­zi­gen sind, die ihm je­weils da­zu gra­tu­lie­ren. Er freut sich auf die Mor­gen­zei­tung, das Wo­chen­en­de, die Über­tra­gung des Grand Prix von Mo­na­co, die Ab­ho­lung der frisch ge­sohl­ten Schu­he und den Es­pres­so nach dem Es­sen. Aber er­staun­li­cher­wei­se freut er sich auch je­den Tag auf die Be­geg­nung mit sei­ner Cli­que, für die es als un­cool gilt, sich auf ir­gend­et­was zu freuen.

Wenn Ge­ri Wei­bel ein Da­ckel wä­re, er wür­de den gan­zen Tag wedeln. 

Für so je­man­den ist es na­tür­lich be­son­ders hart, die (Beep!)wende tot­zu­schwei­gen. Nicht ein­mal da­durch, dass er es leug­net, darf er das Un­ereig­nis the­ma­ti­sie­ren. In ver­gleich­ba­ren Sze­nen we­ni­ger stren­ger Aus­rich­tung dür­fen we­nigs­tens Sät­ze fal­len wie: ”(Beep!)wende? Und nach wel­cher Zeit­rech­nung, bit­te­s­ehr?” Oder: ”Stellt euch die Ge­sich­ter vor, wenn die Leu­te al­le mer­ken, dass sie nicht das ers­te Jahr des neu­en (Beep!) ge­fei­ert ha­ben, son­dern nur das letz­te des alten.” 

Auch der (Beep!)Bug ist kein The­ma. Et­was, das nicht statt­fin­det, kann auch kei­ne Ka­ta­stro­phen aus­lö­sen, lau­tet die un­aus­ge­spro­che­ne Doktrin.

Wäh­rend die Welt der (Beep!)wende ent­ge­gen­fie­bert, tut man in Ge­ris Krei­se, als ob das Be­son­de­re an die­sem Jahr sei, dass es nie zu­en­de geht. Frü­her durf­te im De­zem­ber im­mer­hin dar­über ge­spro­chen wer­den, wer dem Fest­tags­rum­mel wie und wo aus dem Weg geht. Heu­er wer­den The­men, die den Zeit­rah­men von drei Stun­den spren­gen, ge­mie­den. Je un­auf­halt­sa­mer sich der Glo­bus der (Beep!)wende entgegen­dreht, des­to an­ge­streng­ter ist Ge­ris Cli­que be­müht, die Zeit ste­hen­blei­ben zu las­sen. Und da­für gibt es be­kannt­lich kein bes­se­res Mit­tel als die Vergangenheit.

Sie tref­fen sich je­den Abend im Club81, dem kon­se­quen­tes­ten Acht­zi­ger-Re­vi­val-La­den des In­dus­trie­quar­tiers, und re­den von den al­ten Zei­ten. Von der Me­xi­ka­nisch-Ja­pa­ni­schen Freund­schaft, wie der ge­misch­te Tel­ler mit Ta­cos und Su­shis hiess, der mo­na­te­lang der Ren­ner auf der Ta­ges­kar­te des Mu­cho Gus­to war. Vom Weih­nachts­bäum­chen, das wäh­rend des gan­zen Jah­res in der Schamp­Bar stand und nur über die Fest­ta­ge ab­ge­räumt wur­de. Vom Tag, als Ge­ris El­tern im Fisch&Vogel auf­tauch­ten. Und vom Tag, als der Apri­cot-Pu­del Mi­mi la Douce der Schamp­Bar als Mas­kott­chen zulief.

Aber wer kann schon still­sit­zen, wenn der gan­ze Bier­tisch schun­kelt? Ge­ri Wei­bel je­den­falls nicht. So sehr er sich auch Mü­he gibt weg­zu­schau­en, es ent­geht ihm nicht, was aus­ser­halb der Zeit­in­sel im Club81 ab­geht. In der Par­fü­me­rie an der Tram­hal­te­stel­le ist die (Beep!)Collection von Yves Ro­chat aus­ge­stellt: Pail­let­ten-Dusch­gels und Make-ups und Haar­sprays in al­len Far­ben mit den pas­sen­den Scha­blo­nen. Im Fo­gal ne­ben dem Ki­osk glit­zern ihm, ob er will oder nicht, die (Beep!)Dessous in Gold und Au­ber­gi­ne ent­ge­gen. In der Spiel­wa­ren­ab­tei­lung muss er sich zu­rück­hal­ten, dass er sei­nem Göt­ti­bub nicht die (Beep!)Barbie kauft, so gut ge­fällt ihm ihr mit­ter­nacht­blau­es bo­den­lan­ges Ball­kleid mit der sil­ber­nen Schlau­fe um die Taille.

Und dass die gan­ze Welt, aus­ser der Be­sat­zung ei­ner ocker­far­be­nen Acht­zi­ger-Sitz­grup­pe im Club81 dar­über spricht, wo sie sich be­fin­den will, wenn nach wel­cher Zeit­rech­nung auch im­mer, zu früh oder recht­zei­tigt die (Beep!)wende statt­fin­det, ent­geht Ge­ri auch nicht. Im Ge­gen­teil, er be­ginnt sich selbst mit der Fra­ge zu be­fas­sen. Auf ei­nem Ka­ta­ma­ran vor der Küs­te Ke­ni­as mit ei­ner Fla­sche Moons­hi­ne? In ei­ner Tan­go­schu­le in Bue­nos Ai­res mit ei­nem ein­ar­mi­gen ehe­ma­li­gen Band­a­le­on-Spie­ler? In ei­ner SAC Hüt­te über al­len Nebelmeeren?

Ach was, wer­den Sie den­ken, der Ge­ri Wei­bel wird wie­der ein­mal der ein­zi­ge sein, der sich an die Re­geln hält, die (Beep!)wende igno­riert und um elf im Bett ist, wäh­rend sich der Rest der Cli­que ins La­met­to wirft.

Ob Sie sich da nicht even­tu­ell ge­irrt ha­ben er­fah­ren Sie an die­ser Stel­le. Nach der (Beep!)wende.

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