Felberger rettet die GERWAG

Die GERWAG hat in den letz­ten Jah­ren et­was Pech ge­habt: Zu­erst der lang­wie­ri­ge Ab­lö­sungs­pro­zess vom längst pen­si­ons­rei­fen Mehr­heits­ak­tio­när, dann die Über­nah­me der – wie sich im Nach­hin­ein her­aus­stell­te – ma­ro­den Sy­sno­va, und kurz dar­auf die Rück­nah­me­ak­ti­on der Mil­le­ni­ums-Mo­dell­rei­he we­gen ei­nes Materialfehlers. 

Das al­les hat viel Sub­stanz ge­kos­tet. Auf Druck des Ver­tre­ters der Haus­bank im Ver­wal­tungs­rat wird der De­le­gier­te ab­ge­fun­den und durch ei­nen ge­wis­sen Fel­ber­ger ersetzt.

Fel­ber­ger hat län­ger­fris­tig ei­gent­lich an­de­re Plä­ne, als die Sa­nie­rung ei­nes mitt­le­ren Be­trie­bes mit Sitz in der Ost­schweiz. Aber mit­tel­fris­tig passt das An­ge­bot nicht schlecht in sei­ne Kar­rie­re­pla­nung. Zu­mal die GERWAG aus tak­ti­schen Grün­den die Neu­be­set­zung weit­ge­hend dem Ver­tre­ter der Haus­bank über­lässt, der, wie die meis­ten Ban­ker, durch ho­he Be­trä­ge leicht zu be­ein­dru­cken ist. Auch wenn es sich, wie im Fall von Fel­ber­ger, um Lohn­for­de­run­gen handelt.

Zu­sätz­lich zum Jah­res­ge­halt holt Fel­ber­ger mü­he­los ei­nen für drei Jah­re re­sul­tat­un­ab­hän­gi­gen Bo­nus (soll er un­ter den Erb­las­ten sei­ner Vor­gän­ger lei­den?), ei­nen Ge­schäfts-BMW auch für sei­ne Frau (soll sie die Kin­der mit dem Ta­xi zur Schu­le brin­gen?), ei­nen Re­prä­sen­ta­ti­ons­zu­schuss von mo­nat­lich 5’000 Fran­ken an die 6’000 Fran­ken Mie­te der et­was bie­de­ren Fa­bri­kan­ten­vil­la (18 Au­to­mi­nu­ten vom Haupt­sitz), die Über­nah­me sämt­li­cher Um­zugs­kos­ten (in­klu­si­ve In­stand­stel­lung und Vor­hän­ge), ei­ne Spe­sen­pau­scha­le von mo­nat­lich 8’000 Fran­ken (soll er Quit­tun­gen sam­meln wie ein Han­dels­rei­sen­der?) und ei­nen an­ge­mes­se­nen Ent­schei­dungs­spiel­raum auch auf der Aus­ga­ben­sei­te.
Fel­ber­ger tritt den Job mit viel En­ga­ge­ment an. Er lädt die Ka­der mit Gat­tin­nen zu ei­nem Wel­co­me-Weekend ins Pa­lace St. Mo­ritz ein, um ei­nen Blick hin­ter die ge­schäft­li­che Fas­sa­de sei­nes Teams zu werfen. 

Da­nach tourt er durch Eu­ro­pa, USA und Asi­en, um sich ei­nen ers­ten Über­blick über die Bran­che zu ver­schaf­fen. Dann be­auf­tragt er ein nam­haf­tes Be­ra­tungs­un­ter­neh­men mit ei­ner um­fas­sen­den Markt­ana­ly­se und – nach­dem de­ren Re­sul­ta­te kei­ne Über­ein­stim­mun­gen mit sei­nen ei­ge­nen Ein­drü­cken auf­wei­sen – ei­ne zwei­te, die der Sa­che et­was näherkommt.

Er lässt von ei­nem der füh­ren­den Markt­for­schungs­in­sti­tut das Fir­men­pro­fil der GERWAG un­ter­su­chen. Die Re­sul­ta­te sind so er­schüt­ternd, dass er meh­re­re in- und aus­län­di­sche Agen­tu­ren ein­lädt, ihm in ei­ner be­zahl­ten Kon­kur­renz­prä­sen­ta­ti­on Vor­schlä­ge für ei­ne Image­kam­pa­gne zu ma­chen, Schwer­punkt TV. Das al­les plus ei­ne Se­rie von hoch­ka­rä­ti­gen in­ter­na­tio­na­len Ma­nage­ment­kur­sen (ein Ma­na­ger, der nicht mehr da­zu­lernt, hat aus­ge­dient) ma­chen sei­ne Ta­ge zu Vier­zehn­stün­dern. Die öf­fent­li­chen Auf­trit­te nicht ein­ge­rech­net, zu de­nen ihn der PR-Be­ra­ter nö­tigt, den er en­ga­giert hat, um für ei­ne re­gel­mäs­si­gen Prä­senz der GERWAG, al­so Fel­ber­gers, in den Me­di­en zu sorgen. 

Die­se führt denn auch schon nach ei­nem Jahr zu ei­nem wirk­lich in­ter­es­san­ten Job-An­ge­bot des Haupt­kon­kur­ren­ten der GERWAG. Fel­ber­ger nimmt es oh­ne Zö­gern an. 

Und ret­tet so die GERWAG.

9.11.2000

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