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Dies ist ein rie­si­ges Ar­chiv von fast al­lem, was Mar­tin Su­ter ge­macht hat, ge­ra­de macht und noch ma­chen will. Sie ha­ben zu bei­na­he al­lem da­von un­be­schränk­ten Zu­gang. Und wenn Sie Mem­ber wer­den, zu noch et­was mehr.

Irnigers Halloween

Ir­ni­ger braucht min­des­tens ein­mal jähr­lich ei­ne Do­sis USA, sonst kommt er auf Ent­zug. Die Wei­te, das Gren­zen­lo­se, der Him­mel, die Läs­sig­keit, the way of life, hell, oh­ne das er­stickt er hier. 

In Bas­ten – so spricht er es na­tür­lich aus – , Mas­sa­chu­setts, hat Ir­ni­ger ge­merkt, dass er im Grun­de ein Ame­ri­ka­ner ist. Er hat­te sich dort an der Har­vard Busi­ness School in Ge­ne­ral Ma­nage­ment wei­ter­bil­den las­sen und so­fort ge­merkt: This is my world. 

Nach den ers­ten zwei der acht Wo­chen auf dem fast lee­ren Cam­pus (der Kurs fand wäh­rend der Se­mes­ter­fe­ri­en statt) träum­te er be­reits eng­lisch. Und tut das noch heu­te. Seit Har­vard fällt es Ir­ni­ger im­mer schwe­rer, sich mit der eu­ro­päi­schen Men­ta­li­ät zurechtzufinden. 

Er hat des­halb die Nä­he von ame­ri­ka­ni­schen Fir­men ge­sucht und ge­fun­den. Sei­ne Ar­beit­ge­ber hat­ten so­fort ge­merkt, dass die Che­mie stimm­te. Der glei­che mat­ter of fact ap­proach, wenn es ums Busi­ness geht, die glei­che Herz­lich­keit im Pri­va­ten. Und na­tür­lich die glei­che Spra­che. Wenn Ir­ni­ger mit dem Head Of­fice spricht, wür­de kein Aus­sen­ste­hen­der er­ra­ten, dass er in Oberengstrin­gen auf­ge­wach­sen ist, so marsh­mal­low-weich sind sei­ne Konsonanten. 

Die­se Af­fi­ni­tät zu den Staa­ten ma­ni­fes­tiert sich na­tür­lich auch kul­tu­rell. Ir­ni­gers ver­schi­cken im Jahr über hun­dert Va­len­ti­nes und stel­len die, die sie er­hal­ten, wäh­rend Wo­chen auf dem Buf­fet aus. An Thanks­gi­ving la­den sie zehn aus­ge­such­te Paa­re zum Tur­key ein. Chris­ti­nes (Crissie‘s) stuf­fing ist be­rühmt. Und ge­ra­de­zu le­gen­där sind Ir­ni­gers Halloween-Parties. 

Des­we­gen ist Ir­ni­ger nicht über­rascht, als Ross G. Cut­ler, In­ter­na­tio­nal Con­trol­ler des Head Of­fice, sich auf den 31. Ok­to­ber an­mel­det. Der of­fi­zi­el­le Grund ist ir­gend­ei­ne or­ga­ni­sa­to­ri­sche Fra­ge. Aber der wah­re ist na­tür­lich Ir­ni­gers Hal­lo­ween Par­ty, die sich bis drü­ben rum­ge­spro­chen hat. 

Die Par­ty läuft schon, als Ross kommt. Er trägt das Kno­chen­mann­kos­tüm und die Plas­tik­s­en­se, die ihm Ir­ni­ger im Ho­tel be­reit­le­gen liess.  Er sagt ”I’m co­ming to ta­ke you away, away, huhu, haha”. 

Und Ir­ni­ger in sei­nem He­xen­kos­tüm – drei Zäh­ne, sechs War­zen, Ha­ken­na­se, Be­sen – tut, als er­schre­cke er furcht­bar. Bei­de kön­nen nicht mehr vor Lachen. 

Ross schnitzt ei­nen Pump­kin, wie das nur der Ame­ri­ka­ner kann und ge­winnt den ers­ten Preis, ei­ne He­xen­pup­pe auf ei­nem Be­sen. Dann tanzt er mit Cris­sie (Vam­pi­rin) zu  „Sea­son of the witch“ und „Bur­ning down the house“. Da­nach macht er be­geis­tert im ”Bob­bing for App­les” mit, wo es dar­um geht, oh­ne die Hän­de zu ge­brau­chen ei­nen Ap­fel aus ei­ner Schüs­sel Was­ser zu fi­schen. Er ge­winnt klatsch­nass und brül­lend vor Vergnügen. 

So rich­tig na­he kommt man sich aber erst beim Mu­mi­en­wi­ckeln. Zu­erst wi­ckelt Ir­ni­ger Ross in ei­ne Rol­le WC-Pa­pier ein, da­nach Ross Ir­ni­ger. Die­se spie­le­ri­sche Auf­he­bung hier­ar­chi­scher Di­stan­zen kön­nen eben nur die Amerikaner. 

Ih­re per­sön­li­che Nä­he ist auch noch am nächs­ten Mor­gen deut­lich spür­bar, als Ross ihm bei ei­nem kur­zen Tref­fen im Sit­zungs­zim­mer den Grund sei­nes Kom­mens mitteilt: 

Das Head Of­fice hat be­schlos­sen, sich mit so­for­ti­ger Wir­kung von Ir­ni­ger zu trennen.

2.11.2000

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