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5. Kapitel

Lila, Lila von Martin Suter

Die Tram wur­de lang­sa­mer. Ma­rie blieb sit­zen, bis sie fast stand. Der Star­rer hin­ter ihr in der Le­der­ja­cke blieb auch sit­zen. Rasch stand Ma­rie auf und drück­te auf den Tür­knopf. Die Tür zisch­te auf, und Ma­rie stieg aus. 

In die­sem Mo­ment öff­ne­te sich auch die nächs­te Tür, und der Star­rer stieg aus. Ma­rie drück­te auf den ro­ten Leucht­knopf  ih­rer Tür, die sich ge­ra­de wie­der schlie­ßen woll­te. Sie stock­te – und öff­ne­te sich wie­der. 

Noch ehe der Star­rer ge­merkt hat­te, dass Ma­rie wie­der ein­ge­stie­gen war, schloss sich die an­de­re Tür vor sei­ner Na­se. Er drück­te hek­tisch auf den ro­ten Knopf, aber die Tür blieb zu.

„Dan­ke“, sag­te Ma­rie.

„Gern ge­sche­hen“, ant­wor­te­te der Tram­füh­rer. „Sehr.“

Sie fuh­ren ei­ne Sta­ti­on wei­ter zur End­sta­ti­on. Der Fah­rer stieg aus und steck­te sich ei­ne Zi­ga­ret­te an. Ma­rie blieb sit­zen.

Auf der Su­che nach ei­nem Ge­dan­ken, der den an den Star­rer in der Le­der­ja­cke ver­trieb, kam ihr Da­vid wie­der in den Sinn. Oder war er ihr gar nicht aus dem Sinn ge­gan­gen, seit sie ihn im Ge­wühl des Es­qui­na und rau­chend vor dem Or­lan­do ei­nen kur­zen Au­gen­blick ge­se­hen hat­te? 

Die bei­den flüch­ti­gen Be­geg­nun­gen ka­men ihr jetzt vor wie zwei Über­schall-Zeit­rei­sen. Aber in was für ei­ne Zeit? Ei­ne un­be­schwer­te­re? Ei­ne un­schul­di­ge­re? Ei­ne, in der sie lie­ber wie­der le­ben wür­de?

Nein, ein­fach in ei­ne an­de­re.

Der Tram­füh­rer stieg wie­der ein und fuhr los.  Als sie sich Ma­ries Sta­ti­on nä­her­ten, sa­hen sie, dass auf der Tra­m­in­sel der Star­rer in der Le­der­ja­cke stand. 

„Wo woh­nen Sie?“,  rief der Tram-Füh­rer.