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Smarter than a Cow

Für die, die sa­gen, es ge­be kei­ne Cow­boys mehr

Geo Re­por­ter kann ein ein­sa­mer Job sein. Hier por­trä­tiert Mar­tin Suter im Jahr 1976 in ei­nem Ho­tel­zim­mer in Den­ver, Co­lo­ra­do sei­nen ein­zi­gen Rei­se­be­glei­ter Mar­tin Suter

Vor 42 Jah­ren reis­te Mar­tin Suter im Auf­trag des neu ge­grün­de­ten GEO nach Mon­ta­na und Wyo­ming, um ei­ne Re­por­ta­ge über die Cow­boys zu schrei­ben. Da­vor nahm er ein paar Mo­na­te Reit­un­ter­richt. Hier das leicht  ge­kürz­te, von der Re­dak­ti­on nicht re­di­gier­te Ori­gi­nal Ma­nu­skript. Et­was wie ein Director’s Cut.

Zwi­schen Che­yenne und Casper lö­sen sich die Ge­wit­ter­wol­ken auf, weil sie die Big Horn Moun­tains un­gern ver­ber­gen. Die Big Horn Moun­tains tra­gen näm­lich ih­re ers­ten Schnee­fle­cken von ges­tern Abend, und die Son­ne legt mit ame­ri­ka­ni­scher Groß­zü­gig­keit Rouge auf.

Wir flie­gen still die Ber­ge ent­lang. Die Schat­ten wer­den lang­sam dun­kel­blau, und als sie un­ser Flug­zeug er­rei­chen, knipst die Frau ne­ben mir das Le­se­licht an. Sie spielt mit ih­rer klei­nen Toch­ter ein Wür­fel­spiel, das Way to Beth­le­hem heißt. Drei Fel­der vor zur Berg­pre­digt. Zu­rück nach Na­za­reth, zwei­mal mit Wür­feln aus­set­zen.

Wir lan­den am Fuß der blau­en Ber­ge, in Sheri­dan, Wyo­ming. Na­tür­lich ist Voll­mond. Und na­tür­lich ist er grö­ßer und blei­cher als bei uns. Aber das Flug­ha­fen­ge­bäu­de ist klein und fa­mi­li­är wie bei uns ein Pro­vinz­bahn­hof. Sheri­dan ist ei­ne Vieh­stadt mit 12.000 Ein­woh­nern. Die zwei oder drei Quer­stra­ßen än­dern nichts dar­an, dass Sheri­dan nur aus ei­ner Stra­ße be­steht. An die­ser Stra­ße lie­gen die Bars, die Mo­tels, die bei­den Ban­ken, die drei Satt­le­rei­en, der Drugs­to­re, die Tank­stel­len, die bei­den Ki­nos und die paar Ge­schäf­te, die ei­ne Stadt wie Sheri­dan zum Le­ben braucht.

Sheri­dan, Wyo­ming, ist ei­ne gu­te Stadt für ei­nen, der wis­sen will, ob die recht ha­ben, die sa­gen, es ge­be kei­ne Cow­boys mehr.

Das Mäd­chen vom Steak House lacht mich aus, als ich et­was über Cow­boys er­fah­ren will: „Cow­boys sind dumm, wild, un­ge­ho­belt und neh­men zu kei­ner Ge­le­gen­heit den Hut ab.“ Aber wenn ich Cow­boys tref­fen wol­le, soll ich ins Torch Light ge­hen.

Das Torch Light ist ei­ne Ba­ra­cke et­was ab­seits der Stra­ße. Beim Ein­gang leuch­tet groß und mon­dän der Schrift­zug, flan­kiert von zwei auf­ge­regt fla­ckern­den Ne­on­fa­ckeln. Drin­nen spielt ei­ne Band Coun­try Mu­sic. In den Rauch­schwa­den vor der Büh­ne wird ge­tanzt, als ob es das letz­te Mal wä­re, dass ei­ne Band Coun­try Mu­sic spielt.

Wort­karg und mit ei­nem Jim Beam knüp­fe ich ein Ge­spräch an, das meh­re­re Jim Beams dau­ert und sich nur um sei­ne Ar­beit dreht. Sei­ne Ar­beit als Han­dels­rei­sen­der in Sport­ar­ti­keln, Mon­ta­na und nörd­li­ches Wyo­ming.