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Dies ist ein rie­si­ges Ar­chiv von fast al­lem, was Mar­tin Su­ter ge­macht hat, ge­ra­de macht und noch ma­chen will. Sie ha­ben zu bei­na­he al­lem da­von un­be­schränk­ten Zu­gang. Und wenn Sie Mem­ber wer­den, zu noch et­was mehr.

Die Körperfrage

GERI WEIBEL BESITZT kein sehr aus­ge­präg­tes Kör­per­be­wusst­sein, was sei­nen ei­ge­nen Kör­per an­geht. Die Kör­per an­de­rer Leu­te hin­ge­gen nimmt er sehr be­wusst zur Kennt­nis. So­wohl die weib­li­chen als auch die männ­li­chen, wenn auch aus ver­schie­de­nen Grün­den. Die männ­li­chen zum Ver­gleich und um auf dem Lau­fen­den zu blei­ben, wo­hin der Trend geht.

Kör­per­trends ge­hö­ren zu den Trends, die Ge­ri am meis­ten Sor­gen ma­chen. Der An­pas­sungs­fä­hig­keit des mensch­li­chen Kör­pers an ei­nen Trend sind ja ge­wis­se Gren­zen ge­setzt. Ge­ri, der ein her­vor­ra­gen­der Ver­bren­ner ist, hat zum Bei­spiel sehr ge­lit­ten, als zum Zei­chen da­für, dass man es sich leis­ten konn­te, sich dem Dik­tat der Hoch­leis­tungs­ge­sell­schaft nicht rest­los zu un­ter­wer­fen, ein leich­ter Hang zur Rund­lich­keit an­ge­sagt war. Ge­ri be­folg­te da­mals meh­re­re strik­te Diä­ten: Er ach­te­te streng dar­auf, Koh­len­hy­dra­te und Ei­weiß un­ge­trennt ein­zu­neh­men, aß zum Früh­stück, Mit­tag und Abend wie ein Kö­nig, nasch­te je­de Men­ge Sü­ßig­kei­ten zwi­schen­durch und mied al­le Tä­tig­kei­ten, die im Ruf ste­hen, Ka­lo­rien zu ver­bren­nen. Sei­ne Ge­wichts­zu­nah­me nach drei Mo­na­ten be­trug 200 Gramm, bes­ten­falls 350, so ge­nau konn­te er es nicht sa­gen, die Ska­la sei­ner elek­tro­ni­schen Waa­ge zeig­te nur 200er-Schrit­te an.

Wäh­rend Ro­bi Mei­li, das Trend­ba­ro­me­ter des „Mu­cho Gus­to“, mü­he­los Ge­wicht zu­leg­te, und Fred­dy Gut, die Mo­de­au­to­ri­tät der „Schamp­Bar“, mit Paus­bäck­chen auf­war­te­te, blieb Ge­ri ma­ger wie ein Orientierungsläufer.

Der Kör­per­trend ging dann zum Glück weg vom Ge­müt­li­chen, hin zum Agi­len. Ei­ne Wen­de, mit der Ro­bi Mei­li und Fred­dy Gut et­was Mü­he be­kun­de­ten, wie Ge­ri nicht oh­ne Scha­den­freu­de be­ob­ach­te­te. Er selbst brach­te das Über­schlan­ke pro­blem­los. Nur mit dem Schlack­si­gen hat­te er Mü­he. Wahr­schein­lich ver­krampf­te er sich zu sehr beim Ver­such, ab­so­lut ent­spannt zu wir­ken. Der kom­pli­zier­te Ober­schen­kel­bruch (drei Schrau­ben), den er sich dann bei sei­nem ers­ten Roll­brett­ver­such (zur Auf­lo­cke­rung) hol­te, war wie ei­ne Er­lö­sung. Zwei Krü­cken ent­ho­ben ihn für ein paar Wo­chen der Pflicht, un­an­ge­strengt zu wirken.

Ge­ri ist nicht ei­gent­lich un­sport­lich. Er war ein zä­her Ver­tei­di­ger in sei­ner Schü­ler-Fuß­ball­mann­schaft (Nr. 2), ein aus­dau­ern­der Lang­läu­fer wäh­rend der Mit­tel­schu­le, und als Rad­fah­ren Mo­de wur­de, be­ein­druck­te er als hart­nä­cki­ger Pass­fah­rer. Wenn es ihm sport­lich an et­was fehlt, ist es höchs­tens ei­ne ge­wis­se Ele­ganz, ein we­nig Ball­ge­fühl und die Freu­de an den Be­we­gungs­ab­läu­fen. Ge­ri ist ein Kämp­fer, kein Spieler.

Des­we­gen kommt ihm der Work­out Trend sehr ent­ge­gen. Die Ver­bis­sen­heit, un­ter der sei­ne Be­mü­hun­gen, nichts falsch zu ma­chen, manch­mal lei­den, ist bei der Ar­beit an den Ge­wich­ten ein Vor­teil. Schon beim Pro­be­trai­ning im von Ro­bi Mei­li bei­läu­fig er­wähn­ten (al­so nach­drück­lich emp­foh­le­nen) Fit­ness Club merkt Ge­ri Wei­bel, dass er sei­ne Sport­art ge­fun­den hat. Der ein­zi­ge, den er be­sie­gen muss, ist er selbst. Ein schwa­cher Geg­ner, wie er aus Er­fah­rung weiß. Je­des Mal, wenn er das Hand­tuch wer­fen will, zwingt er ihm noch ei­ne Se­quenz auf, legt er ihm ein Ki­lo drauf, ver­kürzt er ihm die In­ter­val­le. Noch am sel­ben Abend füllt er mit vor An­stren­gung zit­tern­der Hand das An­mel­de­for­mu­lar für den Jah­res­bei­tritt aus.

Ge­ri Wei­bel in­ves­tiert von nun an ei­nen Groß­teil sei­ner En­er­gie in die Aus­for­mung sei­nes Kör­pers. Das för­dert sein Kör­per­be­wusst­sein, aber lei­der auch das für an­de­re Kör­per. Zum Bei­spiel für Fred­dy Guts. Des­sen über­flüs­sig ge­wor­de­ne Pfun­de müs­sen sich in Mus­ku­la­tur ver­wan­delt ha­ben. Je­den­falls kann er es sich be­reits leis­ten, die Mus­keln mit XXL T‑Shirts und Schlab­ber­ho­sen her­un­ter­zu­spie­len, wäh­rend er, Ge­ri, eher die kör­per­be­ton­ten Stü­cke aus sei­ner Gar­de­ro­be zum Zu­ge kom­men lässt. Nur so las­sen sich die Früch­te sei­ner An­stren­gun­gen ei­ni­ger­ma­ßen erahnen.

Frücht­chen, eher. Es ist, als ob die Mus­kel­fa­sern, die er durch un­barm­her­zi­ges Kraft­trai­ning auf­baut, fort zu durch die An­stren­gung ab­ge­baut wür­de, die die­ses ihn kos­tet. Die En­er­gie, die er auf­wen­det, um Mus­keln zu bil­den, ver­brennt die­se be­reits im An­satz. Wäh­rend es abends in der „Schamp­Bar“ lang­sam eng wird vor lau­ter da­zu­ge­won­ne­ner Mus­kel­sub­stanz, wird Ge­ri im­mer drahtiger.

Nun hat er sich ei­nen Per­so­nal Trai­ner auf ein Jahr fest ver­pflich­tet. Der ga­ran­tiert ei­nen har­mo­ni­schen Mus­kel­zu­wachs dank ge­ziel­tem Trai­ning und wis­sen­schaft­lich do­sier­ter Kraftnahrung.

Da hört er Evi Klein, die schöns­te Frau der „Schamp­Bar“, zu Su­si Schläf­li sa­gen: „We­nigs­tens nicht auf dem Muskeltrip.“

Meint sie ihn?

Ju­ni 1997

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