Unter Herren

Wenn Eidenbenz geahnt hätte, dass Rentschs Referat so lange dauert, wäre er in der Pause aufs WC gegangen. Aber er hatte gedacht, was immer Rentsch zu sagen hat, könne kaum mehr als eine halbe Stunde dauern, und geplant, die kurze Pause zwischen dem Referentenwechsel zu nützen, wenn die Toiletten leer sind.
Denn Eidenbenz hasst den Pausenbetrieb in Tagungstoiletten. Voser, der sagen würde „Aha, die Natur ruft“, oder Pauli, der „das Komma schüttelt“. Oder Eberhard. Eberhard, der sich immer genau an das Pissoir neben einem stellt, auch wenn alle andern frei sind, mit beiden Fäusten an der Hose nestelt und mit hochgezogenen Schultern, eingezogenem Kopf und angehaltenem Atem vor sich hinpinkelt, bis er erlöst aufstöhnt und beidhändig etwas offenbar Schweres, Unhandliches schwenkt und umständlich verstaut.
Eidenbenz hasst die Vertraulichkeit der Herrentoiletten, die für einen Augenblick nicht nur die natürliche, sondern auch die mit grossem Aufwand geschaffene künstliche Distanz zwischen Menschen aufhebt, die ausser dem Stoffwechsel nichts, aber auch gar nichts gemeinsam haben.