Holensteins Schwierigkeiten

„Apropos Holenstein.“
„Ja?“
„Scheint gewisse Schwierigkeiten zu haben.“
„In der Abteilung?“
„Wie man’s nimmt.“
„Privat?“
„Das kann man nicht so trennen.“
„Gesundheitlich?“
„Gewissermassen.“
„Herz? Magendarm? Prostata?“
„Nichts Körperliches.“
„Psychisch?“
„Sieht so aus.“
„Ach so, das.“
„Das weisst du?“
„Dass Holenstein spinnt, ist nichts Neues.“
„Nicht so. Richtig. Mit Psychiater und so.“
„Machst du jetzt einen Witz?“
„Damit macht man keine Witze.“
„Hehe. Erzähl.“
„Nur das. Holenstein geht zum Psychiater.“
„Woher hast du das?“
„Aus erster Hand.“
„Er hat es dir gesagt?“
„Brauchte er nicht. Die Situation war eindeutig.“
„Welche Situation?“
„Ich drücke auf den Liftknopf, der Lift kommt, die Tür geht auf und Holenstein kommt heraus. Sehr verlegen.“
„Welcher Lift?“
„Im Haus, wo der Psychiater ist.“
„Du gehst zum Psychiater?“
„Das ist ein Haus mit mehreren Ärzten. Ich ging zum Hausarzt zum Check.“
„Vielleicht ging er auch zum Check.“
„Warum war er dann so verlegen? Ist doch nichts Peinliches, ein Check.“
„Vielleicht kam er vom Urologen.“
„Gibt es keinen im Haus.“
„Haut- und Geschlechtskrankheiten?“
„Doch nicht Holenstein. Woher denn?“
„Und vor allem: wie?“
„Genau.“
„Du tippst also auf Psychiater.“
„Sonst hat es dort nur noch einen Gynäkologen und einen plastischen Chirurgen.“
Pause.
„Ganz ausgeschlossen ist es nicht.“
„Schönheitsoperation?“
„Psychiater. Würde einiges erklären.“
„Eben.“
„Seine Memos.“
„Seine Krawatten.“
„Das Velo.“
„Velo?“
„Seit neustem kommt er mit dem Velo.“
„Vielleicht doch etwas mit dem Herz.“
„Dort, wo er aus dem Lift kam, gibt es keinen Herzspezialisten.“
Pause.
„Weiss es Kühne?“
„Von mir nicht.“
„Jemand sollte es ihm sagen. Holenstein hat immerhin dreissig Leute unter sich.“
„Zweiunddreissig.“
„Jemand mit soviel Verantwortung sollte psychisch einigermassen stabil sein.“
„Idealerweise schon.“
„Wie meinst du das?“
„Nun, wenn das ein Hinderungsgrund wäre, wären einige Mutationen fällig im fünften Stock.“
„Du meinst Kropf?“
„Den auch.“
„Hoppler?“
„Ich meine, Holenstein lässt sich wenigstens behandeln.“
„Da ist was dran.“
„Zeugt von einem Minimum an Selbsterkenntnis.“
„Trotzdem: Jemand sollte es Kühne sagen.“
„Apropos Kühne.“
„Ja?“
Nur einmal erschienen am 10.8.95