Gleichstellung
Billeters sind beide berufstätig. Er hat das bewusst gefördert. Sobald die Kinder so groß gewesen waren, dass man sie dem Au-pair überlassen konnte, hatte er Gerdas Wunsch nach einem Wiedereinstieg voll unterstützt. Das ist Know-how-Verschwendung, hatte er immer gesagt, dass du mit deinem Background als Hausfrau und Mutter versauerst.
Sie hatten sich an einem Marketingseminar kennengelernt. Gerda war Junior Product Managerin, Kurt plante eine Karriere im Marketing und Sales Management. Als Fabienne auf die Welt kam, war Gerda bereits Marketingassistentin und wäre das auch wieder geworden, wenn ihre Babypause nicht durch Tim, der nicht eingeplant war, verlängert worden wäre.
Als das Thema Wiedereinstieg bei Billeters aktuell wurde, befand sich Kurt gerade in einer delikaten Karrierephase. Dennoch konnte sich Gerda voll auf seine Solidarität verlassen, und er tat sein möglichstes, ihr einen Teil ihrer Dreifachbelastung – Hausfrau, Mutter, Marketingfachfrau – abzunehmen. Er tat das vorwiegend an den Wochenenden, unter der Woche zwang ihn ein kleiner Karriereknick zu exzessiven Präsenzzeiten im Büro.
Selbst als er durch ein einjähriges Weiterbildungsprogramm die meisten seiner Wochenenden dem beruflichen Weiterkommen opfern musste, lebte er die partnerschaftliche Beziehung zwischen zwei Gleichgestellten. Soweit es seine Belastung zuließ und zuweilen auch darüber hinaus. Er stand weiterhin uneingeschränkt hinter dem beruflichen Commitment seiner Frau. Und das nicht nur, weil ihr Einkommen ein willkommener Zustupf zu den Investitionen in seine Weiterbildung darstellte.
Billeters Engagement für die Gleichstellung trug denn auch ganz beachtliche Früchte: Gerda wurde zur Prokuristin befördert! Keiner war stolzer als er, über den für ihn etwas überraschenden Karriereschritt seiner Frau. Er gab eine kleine Party, bei der er persönlich den Hauptanteil der Kochaufgaben, das Grillieren nämlich, übernahm. Und er schenkte Gerda den vergrößerten und gerahmten Handelsregistereintrag, der seither neben seinem als Vizedirektor hängt.
Seine Meinung, dass Fabienne und Tim im Moment eine Mutter nötig habe, die zu Hause ist, hat ausschließlich damit zu tun, dass die beiden in einem schwierigen Alter sind.
Dass er sie ausgerechnet heute äußert, am Abend, an dem sie ihm bei einem Glas Champagner ihre Beförderung zur Marketingdirektorin verkündet, ist wirklich reiner Zufall.
Nur einmal erschienen am 13.2.03