Epples Selbstironie

Nichts Schlim­me­res als Leu­te, die sich zu ernst neh­men. Fin­det je­den­falls Epp­le. Wer sich selbst zu ernst nimmt, ver­krampft sich, und Ver­kramp­fung wirkt sich ne­ga­tiv auf die Per­for­mance aus. Das ist er­wie­sen. Des­we­gen nimmt sich Epp­le be­wusst nicht all­zu ernst.

Gar nicht so ein­fach, in sei­ner Po­si­ti­on. Im­mer­hin ist er der Chief Exe­cu­ti­ve Of­fi­cer ei­nes Un­ter­neh­mens von na­tio­na­ler Be­deu­tung. Wenn man so in sei­nem Mer­ce­des der S‑Klasse auf dem Di­rek­ti­ons­park­platz vor­fährt und den Lift mit dem Spe­zi­al­schlüs­sel oh­ne Zwi­schen­halt in die obers­te Eta­ge fah­ren lässt, wenn man durch ein em­si­ges, dis­kret nach teu­rem Par­fum duf­ten­den Vor­zim­mer sein stil­les Bü­ro be­tritt, wenn ei­nem kurz dar­auf un­ge­fragt sein kof­fe­in­frei­er Es­pres­so mit ei­nem Süß­stoff und dem ak­tua­li­sier­ten Ter­min­plan ge­bracht wer­den, dann kann es schon vor­kom­men, dass man ver­sucht ist, den Mann, dem dies al­les wi­der­fährt, et­was gar viel Re­spekt zu zollen. 

Epp­le ar­bei­tet dem sys­te­ma­tisch ent­ge­gen. Schon am Mor­gen, beim Ra­sie­ren, sagt er zu sich: So, so, schon ra­sie­ren, Don­ner­wet­ter, wie ein Gro­ßer. Oder ähn­lich. Oder er streckt sei­nem Spie­gel­bild die Zun­ge raus, ein­fach aus Re­spekt­lo­sig­keit sich selbst ge­gen­über und um sei­nen Nim­bus zu brechen.

Wäh­rend des gan­zen Ta­ges be­ob­ach­tet er sich aus iro­ni­scher Di­stanz. Schau dich an, wie du den Sitz der Kra­wat­te prüfst, be­vor du „her­ein“ rufst, denkt er spöt­tisch, wäh­rend er den Sitz der Kra­wat­te prüft und „her­ein“ ruft. Und wenn er in knap­pen Sät­zen sei­nem Stab das Re­or­ga­ni­sa­ti­ons­kon­zept Re03 prä­sen­tiert, stellt er sich selbst im Schot­ten­kos­tüm vor, in wel­chem er letz­tes Jahr an den Mas­ken­ball des Golf­clubs (Mot­to: Kri­se) ge­gan­gen war. Und nimmt den Maß­nah­men da­durch in­ner­lich ih­ren Ernst. 

Wenn er sich, was in letz­ter Zeit häu­fi­ger vor­kommt, in ei­ner Wirt­schafts­zei­tung ab­ge­bil­det sieht, spielt er das her­un­ter. Potz Tau­send, sagt er dann je­weils vol­ler Iro­nie zu sich, das Epp­le Pe­ter­chen in der Zei­tung. Mit Fo­to! Willst du es dir nicht rah­men las­sen und aufs Nacht­tisch­chen stel­len, Kleiner? 

Ei­ne die­ser Zei­tun­gen, die seit Wo­chen im Haus zir­ku­liert, ge­rät ihm im Per­so­nal­re­stau­rant in die Hän­de. Als er sie wie bei­läu­fig durch­blät­tert, sieht er, dass je­mand sei­nem Fo­to ei­nen sehr däm­li­chen Schnurr­bart auf­ge­malt hat. Er lässt den Tä­ter aus­fin­dig ma­chen und un­ter ei­nem Vor­wand entlassen.

Epp­le nicht ernst zu neh­men, bleibt aus­schließ­lich Epp­le vorbehalten.

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