Was geschah mit dem grossen Koi Honorar?

Dreihunderttausend Franken Honorar klingt nach mehr, als es ist. Vor allem, wenn man es mit einem Partner teilen muss. Und wenn dieser Partner zu gleichen Teilen beteiligt ist. Ganz zu schweigen davon, wenn man diesem Partner bereits zweiunddreißigtausenddreihundertvierundachtzig fünfundfünfzig schuldet für diverse Hilfeleistungen während finanzieller Engpässe.
Allmens Nettohonorar für das Auffinden von Boy, dem Koi, beträgt also hundertsiebzehntausendsechshundertfünfzehn fünfundvierzig. Ein Betrag, mit dem er genauso wenig anfangen kann wie mit jedem anderen. Für ihn bedeutet er einfach, dass er Geld besitzt. Und zwar, der umständlichen Aussprache der Summe nach zu schließen, nicht wenig.
Genug jedenfalls, um gleich nach seiner Rückkehr aus Ibiza eine finanzielle Ausgleichsrunde zu drehen, in der er sämtliche Ausstände begleicht. Und zwar so generös, dass seine Kreditwürdigkeit nachhaltig wiederhergestellt ist.
Danach verfügt Allmen nach wie vor über Geld. Er weiß zwar nicht, über wie viel, aber das Bündel in seiner rechten Brusttasche ist noch immer voluminös genug, um den Sitz seines Anzugs durch eine unschöne Ausbeulung zu beeinträchtigen.
Er beschließt, seinen natürlichen Impulsen zu widerstehen und den Abend weder im Promenade bei einem angemessenen Dinner – Austernsaison! – abzurunden, noch in der Goldenbar bei ein paar schuldenfreien Cocktails. Er entscheidet sich für einen sparsamen Nightcap im Blauen Heinrich.
Dort sitzt am kleinen Tresen unter den Lampen mit den roten gerafften Seidenschirmchen – Remo di Gioya.
Noch bevor Allmen damit fertig ist, so zu tun, als suche er hier jemanden, entdecke ihn nicht und gehe folglich wieder, ruft Remo aus: „John! Johnny! Du hier?“
Es bleibt Allmen nichts übrig, als sich für einen – einen einzigen – Drink neben di Gioya zu setzen, den er von früher als halbseidenen Partylöwen kannte, der aber inzwischen, sei es aus Vernunft, sei es, weil die Rente, die ihm seine Eltern ausgesetzt hatten, nicht inflationsbereinigt war, etwas weniger exzentrisch geworden ist.
Jedenfalls entwickelt sich ein recht vernünftiges Gespräch, und Allmen bestellt, als der Barkeeper sie fragt, noch einen letzten Drink.
Als Erinnerung an Ibiza und Garretts Barmann Cesare bestellt Allmen einen Black Manhattan, das geheimnisvollste Nachtgetränk.
Di Gioya schließt sich dem an.
Und als der Barmann später fragt: „One for the road?“, nicken sowohl Allmen als auch Remo di Gioya.
Danach bestellt Allmen die Rechnung.
Wenn er seine ganze Barschaft nicht in einer Notenklammer in der Brusttasche aufbewahrt hätte, hätte er diese jetzt nicht herausnehmen und zwischen den Tausendern ein paar Hunderter herausklauben müssen. Und das Thema wäre vielleicht nicht aufgekommen. Aber so schneidet es Remo di Gioya ganz unbefangen an:
„Du weißt, wie ungern ich frage, aber wo ich dir schon so unerwartet begegne, ist das wie ein Wink vom Dings…“, er nimmt den letzten Schluck, „…Schicksal
Sie nehmen nun doch noch einen Nightcap. Kurz darauf stört die Ausbuchtung des Jacketts den Sitz des Anzugs um einiges weniger.
Nur vorübergehend, Ehrenwort.
So Remo di Gioya.